Willensstark zu sein ist eine groß-ar-ti-ge Sache. Aber oh boy, was ist dieser kleine Mensch beharrlich. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, muss. er. es. haben. Während andere Kinder auch mal friedlich am Tisch sitzen und sich in Ruhe einen Überblick verschaffen, möchte unser kleiner Mann IMMER ALLES entdecken (wir übertreiben nicht. Verbringt einen Nachmittag mit uns und ihr wisst Bescheid). Auch dann, wenn Mama und Papa einen Riegel vorschieben. Am allerliebsten entdeckt er Küchen. Wir glauben, er hat dafür einen eingebauten Radar. In Berlin und im Land der Pizzabäcker kein Problem, da nimmt der Souschef den Lütten auch noch auf den Arm und lässt ihn im Kochtopf rühren, im Rest von Deutschland sieht´s hingegen etwas anders aus (fast wertungsfrei gemeint 😉 ). Aber eigentlich ganz egal wann und wo, unser Sohn ist so willensstark und lebenshungrig, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir ihn nicht zu sehr einengen, vor allem optimal fördern, aber nicht die Grenze zu „echt schlecht erzogen“ überschreiten. Eigentlich finden wir seine Wissbegierde und seine Beharrlichkeit nämlich absolut charmant, auch wenn er uns eine Lektion in Geduld und Ruhe erteilt. Einige Gedanken aus gegebenem Anlass:


Kein Fähnchen im Wind

Um temperamentvolle Ausbrüche seines kleinen Wutzwergs zu verhindern, neigt man als Eltern gerade in öffentlichen Bereichen vielleicht dazu, ein nicht akzeptiertes NEIN gleich wieder zurückzunehmen. Verständlich, aber eigentlich nicht sachdienlich. Vor allem deswegen nicht, weil sich unser rastloser kleiner Mann darauf verlassen können soll, dass Mama und Papa zu ihrem Wort stehen und nicht ständig hin- und her schwanken. Wir sind seine Säule, sein Fels in der Brandung. Und er soll uns authentisch erleben können.

Der Rahmen und die Verantwortung

Neulich haben wir aufgeschnappt, dass Kinder, die zu oft ein „Nein“ hören, dieses kaum mehr wahrnehmen oder ihm groß Bedeutung beimessen. Kinder sollten ein Nein übrigens auch ohne Angst vor den Folgen in Frage stellen dürfen. Es gibt Regeln, wie bspw., dass man nicht einfach ohne zu schauen über die Straße gehen darf. Aber in vielen anderen Bereichen übertragen wir ihm gern Verantwortung – natürlich immer altersgerecht. Beispielsweise lassen wir ihn in geschlossenen Räumen so weit laufen, bis wir ihn wirklich nicht mehr sehen können. Wir springen nicht auf, sobald er sich zwei Meter von uns wegbewegt. Er möchte nur die Gegend erkunden und das darf er gern, wenn er sich traut. Wir lassen ihn machen, ohne ihn dabei alleine zu lassen. Woher kommt das eigentlich, dass Eltern so oft versuchen einzugreifen – nur weil wir uns Sorgen machen? Der Wunsch nach Selbstständigkeit ist ein Geschenk und Jesper Juul hat hat dazu mal gesagt:

 Macht sich ein Elternteil Sorgen, impliziert das ein grundlegendes Misstrauen in die Fähigkeiten und Talente der Kinder.

Alternativen anbieten

So weit es geht, bieten wir ihm verschiedene Alternativen an und er darf auswählen, was er möchte. Besonders Freigeister wie Niki haben das Bedürfnis, selbst Entscheidungen zu treffen und wieso sollten wir ihn nicht lassen (vor allem, wenn wir Eltern mit allen Alternativen gut leben können)? Das ist für uns kein Machtspiel, es entspricht einfach seinem Naturell. Auch hier wieder: es gibt Bereiche, da bestimmen Mama und Papa. Aber eben auch jede Menge, in denen Niki sagen kann und darf, was er haben möchte. Bitte aufpassen: zu viele Alternativen können wiederum zu Überforderung und damit Frustration führen.

Routine

Es hat sich herauskristallisiert, dass es unserem kleinen Mann gut tut, wenn wir eine relativ vorhersehbare Routine haben, soweit das bei unserem Lebensmodell mit sehr vielen Reisen und Hotels eben geht. Wir denken, es vermittelt ihm zusätzlich Sicherheit und Stabilität.

Nörgeln?

Nervt uns Erwachsene wohl genauso, wie Kinder. Wir halten es eher so (so weit er uns versteht): wir möchten etwas nicht und sagen ihm das deutlich. Akzeptiert er es nicht, ziehen wir Konsequenzen, welcher Art auch immer. Aber wir nölen nicht ständig an ihm rum.

Zuhören. Verstehen

Das betrifft uns im Moment deswegen erst teilweise, weil Niki außer in seiner Fantasiesprache ja noch nicht wirklich viel spricht. Aber statt genervt zu sein, weil er das 30. Mal auf der Bürgersteigkante balancieren will, ist es viel hilfreicher, sich in ihn hinein zu versetzen und sich zu fragen, was gerade so spannend ist und ihn so interessiert. Oder ihn (später) direkt fragen, was er will. Klar gehen viele Dinge deswegen trotzdem nicht, aber Perspektiven zu wechseln hat noch keinem geschadet. Auch nicht Kompromisse suchen, mit denen beide gut leben können. Deswegen werden nicht alle Wünsche erfüllt, aber zumindest gesehen und anerkannt. Um Eigenverantwortung entwickeln zu können, ist für Kinder unbedingt die Unterstützung von Mama und Papa nötig, die auch genug Geduld aufbringen um herauszufinden, was das Kind braucht. Übrigens ist es für Kinder unheimlich wichtig, Anerkennung und Unterstützung der Eltern zu bekommen, gerade wenn es bestimmte Dinge einfach mitmachen muss.

Vorschlagen, einbinden – statt diktieren

Es geht doch fast immer um das Wie. Willensstarke Kinder möchten gerne selbst entscheiden und wenn wir unseren Kleinen bestimmte Dinge vorschlagen, statt vorschreiben, haben sie u.U. eine ganz andere Wirkung. Außerdem sind sie keine Befehlsempfänger.

Choose your battles

Das steht ein bisschen im Widerspruch zu unserem Punkt 1. Viele Menschen haben das Gefühl, es gäbe in Konfliktsituationen mit seinem Kind Gewinner und Verlierer. Uns geht´s darum allerdings überhaupt nicht. Es mag Momente geben, in denen gibt es nichts zu Diskutieren. Aber dann gibt es auch Situationen, in denen man sich fragen muss, ob es wirklich so wichtig ist, auf seinen Standpunkt zu beharren. Vielleicht ist es manchmal besser, die Kleinen fühlen sich gehört und geliebt und man kann auch mal situativ und intuitiv reagieren/ einlenken/ nachgeben. Deswegen ist bestimmt nicht Hopfen und Malz verloren und das Kind denkt sich, dass es Mama und Papa ab jetzt auf der Nase rumtanzen kann.

Wenn ihr selbst auch ein ganz aufgewecktes, lebenshungriges „Bestimmer“-Kind habt – wir freuen uns über Austausch 🙂

Alles Liebe,

Julia und Jan


Braucht ihr ein paar Tips oder interessiert euch das Thema „Warten“, dann lest doch mal hier rein!

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