Willkommen zu meiner unvergesslichen Genussreise zu Sibona Grappa ins Herz des Piemont! Wie ihr wisst, arbeite ich schon seit Jahren mit der Antica Distilleria Domenico Sibona zusammen. Ein Unternehmen, das 2022 vom ISW (Meininger´s International Spirits Award) zum fünften Mal in Folge zur Brennerei des Jahres ausgezeichnet wurde. Es gibt kaum eine Brennerei im Piemont, die länger aktiv ist als Sibona – urspr. als kleinhandwerklicher Betrieb, der sich auf die Herstellung von sortenreinem Grappa spezialisierte. Sibona besitzt sogar die „licenza di distillazione No 1“, eine Brennlizenz, die vom italienischen Finanzamt nur an besonders traditionsreiche Destillerien vergeben wird.
Heute wird im Piemont nach modernsten Methoden verfahren und das Produktsortiment von Sibona hat gigantische Ausmaße angenommen. Nur die feinsten Piomenteser Weintrauben werden in der Brennerei zu Grappa verarbeitet. Davon durfte ich mich persönlich überzeugen, denn Luigi Barbero, der Inhaber von Sibona, öffnete für mich seine heiligen Hallen und führte mich nicht nur in die Welt des Grappa, sondern auch in die der piemontesischen Küche ein.
Los geht es zu Sibona
Der Weg ist das Ziel
Sobald ich die ersten Berggipfel sehe, fängt der Genuss bei mir schon an.
Und spätestens die erste Gruppe Rennradfahrer auf einer Ausfahrt zeigt – wir sind in Italien. 🙂
// Das Piemont
Piemont, im Nordwesten Italiens gelegen, grenzt an die Schweiz und an Frankreich. Zudem liegt die Region zwischen Alpen und Mittelmeer, daher auch der Name „al pie’ de monti“, zu Füßen der Berge. Das kontinentale Klima (heißer Sommer mit wenig Regen, kalter Winter mit viel Nebel) ist ideal für den Weinanbau, darum ist das Piemont auch eine der bedeutendsten Weinregionen Italiens. Langhe und Roero sind hierbei die beiden bekanntesten Weinanbaugebiete und die von dort stammenden weltbekannten Rebsorten bilden die Grundlage der Sibona Grappe. Unesco Welterbe ist die Gegend auch noch. Was für ein Einstieg.
Das Städtchen Alba, wo die Sibona Destillerie ihren Sitz hat, befindet sich eine Stunde südlich von Turin.
Was ist eigentlich Grappa?
Grappa ist ein aus Italien oder der italienischen Schweiz stammender Tresterbrand. Grappa hat einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 Volumenprozent. Der Maximalgehalt beträgt für gewöhnlich 60 Volumenprozent, kann aber auch 70 Volumenprozent übersteigen. Trester wiederum sind die vorwiegend festen Rückstände, die nach dem Auspressen des Saftes von Trauben übrig bleiben.
Wie funktioniert das Destillieren?
Schritt 1: der Gärprozess
Sibona wird von etwa 200 Weinproduzenten im Umkreis von maximal 25 Kilometern mit Trester beliefert. Darunter einige sehr berühmte Namen aus der Region um Turin. So kann Sibona mit sehr frischem und qualitativ hochwertigem Material arbeiten. Bevor das von Stielen und Blättern aussortierte Obst in die Gärung geht, wird es natürlich erstmal gereinigt und zerkleinert.
Dann werden die Früchte bis zu sechs Wochen lang vergoren. Der Gärvorgang ist ein chemischer Prozess, bei dem der Fruchtzucker in Alkohol umgewandelt wird. Je mehr Fruchtzucker die Früchte enthalten, umso größer ist also auch die spätere Alkoholausbeute. Bei roten Trauben verhält sich der Prozess noch einmal anders, als bei weissen Trauben. Die Maische, die während des Gärprozesses entsteht, wird anschließend destilliert. Das ganze findet etwa zwischen Ende August bis Oktober/November statt.
Schritt 2: Der Brennvorgang
Sobald die Früchte komplett vergoren sind, werden sie in eine Brennblase (bei Sibona werden die Brennblasen nach alter Handwerkskunst aus Kupfer gefertigt) gegeben und die Destillation, also das Brennen kann beginnen. Das übernehmen bei Sibona die Destiller Luca, Emilio und Francesco. Die drei kennen ihre Geräte blind und haben das richtige Gefühl für alle Parameter des Prozesses. Hier ist der Faktor Zeit sehr entscheidend. Denn nur, wenn die Maische unverzüglich destilliert wird, kann eine Spitzenspirituose entstehen. Die Fruchtmaische wird in der Brennblase unter kontinuierlichem Rühren schonend und gleichmäßig erhitzt. Dadurch verdampft der Alkohol, der dann im Kühler, der an die Brennblase anschließt, abkühlt.
Die „Flemma“ (was noch kein Grappa ist) hat an diesem Punkt etwa 18-21% Alkohol. Die Flemma geht dann weiter in den Destillierungs-Prozess.
In der ersten Säule geht der Alkoholgehalt direkt auf etwas über 70%. In der zweiten Säule können die drei Master Destiller dann viele Parameter anpassen. Grappa ist sozusagen das Herz des Geschmacks. Die Destiller arbeiten durch ihr Wissen und die feinen Anpassungen Stück für Stück die Enden des Spektrums weg. Ein sehr schwieriger Vorgang. Würde man es hier zu gut meinen, bekäme man puren Alkohol ohne jegliche Aromen.
Sibonas Idee ist es, einen Grappa zu kreieren der weich ist, reich an Aromen und gleichzeitig nicht zu stark. Um das zu erreichen, müssen alle Parameter im Verhältnis zu Temperatur und Zeit oder der Art der jeweiligen Traube stetig angepasst werden.
Schritt 3: Die Reifezeit
Nach dem Brennvorgang wird das Destillat verdünnt, bis der gewünschte Alkoholgehalt erreicht ist. Und erst, wenn die Destiller es eines Grappa würdig befinden, geben sie ihr Werk für den nächsten Schritt, den Stahl Reife-Bereich, frei.
Mindestens ein Jahr verbringen die Grappe in den großen Stahltanks. Ein Tank hat dabei mehrere Tausend Liter Fassungsvermögen. Um die besonderen Sibona Qualitäten zu erreichen ist es wichtig, dass der Grappa lange ruht und „atmet“. Die Tanks sind nicht komplett luftdicht, wie es bei Wein der Fall ist. Nach diesem Stadium wird der Grappa Geschmacks-schonend filtriert und anschließend abgefüllt.
Für „aged“ Produkte, was bei Sibona die selbst kreierten Riserva Qualitäten sind, durchläuft der Grappa eine weitere Station.
Die besonderen Sibona Riserva Qualitäten
Durch das Holz von Lagerfässern können Farbe und Geschmack sowie Geruch bestimmt werden. So besitzen Grappe aus Kirschholzfässern einen süßeren, die aus Eichenholzfässern einen herberen Geschmack. Eine lange Lagerung in Kastanienholzfässern bringt eine bräunliche Farbe.
Ein Grappa muss mindestens sechs Monate nach der Destillation lagern, bevor er abgefüllt wird. Reift ein mindestens sechs Monate im Holzfass gelagerter Grappa für weitere sechs Monate luftdicht verschlossen, so darf er die Zusatzbezeichnungen Invecchiata, Riserva oder Stravecchia auf dem Etikett tragen.
Bei Sibona gibt es oft einen Wechsel der Fässer. Bspw.:
- Zuerst Lagerung in einem mittelgroßen, dann in einem kleinem Fass.
- Zuerst Lagerung in Eichenfässern (zwei Jahre), danach weitere drei Jahre in Fässern, in denen früher bspw. Rum, Madeira, Portwein, Sherry, Whiskey oder Barolo war. In der zweiten Phase nimmt der Grappa dabei die Geschmacksnoten des jeweiligen Fasses in dem er lagert an. Das sind selbst entwickelte Innovationen, für die Sibona Jahr für Jahr viele Preise gewinnt. Die Fässer werden nach zwei durchlaufenen Prozessen ausgetauscht.
Dieser aufwändige Reife-Vorgang ist für Sibona sehr wichtig, denn dadurch bekommt der Grappa nicht nur seine Farbe, sondern er wird auch weicher oder weniger aggressiv. Der wichtigste Punkt, so erklärt mir Luigi, der Inhaber der Destillerie Sibona – der Grappa wird noch komplexer. Er nimmt also feine Aromen des Fasses an, wie Vanille oder Tabak. Hier kommt es auch auf die Wahl der richtigen Fässer an.
Sibonas Ziel ist es, wenn nach der Destillation zwei Aromen im Grappa vorhanden sind, weitere drei Aromen hinzuzufügen. Ohne dabei jedoch die ursprünglichen Aromen zu überlagern.
Was lange währt…
Ob der farblose Grappa oder die Bernsteinfarbenen Riserva Qualitäten. Am Ende werden alle Produkte aus dem Hause Sibona auch hier abgefüllt, verpackt und etikettiert.
Per mangiare
Nach einem langen Tag mit vielen spannenden Infos waren wir alle hungrig. So ging es in das nahe gelegene Sterne-Restaurant „Ristorante & Albergo di Charme“ von Flavio Costa. Von der Terrasse aus blickt man direkt hinüber zur Destillerie Sibona. Ein gelungener Abschluss für einen Tag voller Eindrücke.
Neben dem ganzen handwerklichen Können hat mich vor allem die menschliche Komponente sehr beeindruckt. Man spürt, dass Luigi sein Unternehmen mit großer Leidenschaft führt und Grappa mit jeder Pore lebt und liebt. Nur so ist es auch möglich, wiederholt die ausnahmslos hohen Standards zu erreichen, die die Antica Distilleria Sibona so einzigartig machen.
Vielen herzlichen Dank Luigi für Deine Gastfreundschaft und die schöne Zeit im Piemont! Ich weiß das sehr zu schätzen.
Bleibt gesund,
Euer Jan
Dieser Beitrag ist in freundlicher Zusammenarbeit mit Sibona entstanden! Meinungen und Eindrücke sind von mir.
Eben alle Bilder in diesem Beitrag. Außer die Essensbilder und die, auf denen ich selbst zu sehen bin. Diese Fotos kommen vom lieben Chris Gollhofer.
Ein sehr ausführlicher und dennoch angenehm lesbarer Bericht mit wunderschönen Fotos! Danke, Jan