Diese Frage „wie gefährlich ist Südafrika?“ wurde uns wahrscheinlich mit am häufigsten gestellt. Kriminalität ist ohne Frage ein Thema in Südafrika, weswegen eben auch immer wieder darauf hingewiesen wird. Allerdings bekommt man auf diversen Seiten im Internet oder in Reiseführern kein Gespür dafür, wie die Lage vor Ort wirklich ist. Was dadurch jedoch leicht entstehen kann, ist ein mulmiges Gefühl. 

Wir hatten damals einige Fragezeichen: „Kann man einfach unbeschwert zum Strand laufen?“/ „Müssen wir wirklich sogar Wasserflaschen aus dem Auto mitnehmen?“/ „Ist es echt nötig, an den Ampeln Abstand zum Vordermann einzuhalten wegen Fake-Auffahrunfällen?“, „Muss unser Schmuck zu Hause bleiben?“/ „Wie sieht es entlang der Garden Route aus?“ „Können wir ausschließen, dass wir erschossen werden“ 😉 usw. usf. Man liest bzgl. der Kriminalität ja immerhin von den wildesten Geschichten. Und es beruhigt auch nicht unbedingt, wenn man vom Flughafen Richtung Cape Town an den Townships vorbei fährt und große digitale Anzeigen über den Straßen hängen auf denen „high danger zone, do not stop“ steht. 

Wir wollen es nicht schön reden, denn Fakt ist, dass es viele unglaublich arme Menschen in SA gibt. Die leben i.d.R. mit ihrer Großfamilie, die sie ernähren müssen, in den o.g. Townships. Schätzungen zu Folge sind das in Kapstadt zwischen 2,5 und 3,5 Millionen. In den meisten Townships gibt es Blöcke und Straßenzüge, in denen kriminelle Gangs den Ton angeben. Es ist leider richtig, dass dort Drogenhandel, Vergewaltigungen, Raub, Diebstahl und Morde an der Tagesordnung stehen. Mit der Betonung auf „dort“. 

Außerhalb der Townships könnt ihr es euch so vorstellen: ergibt sich die Gelegenheit, wie verarmten Menschen ihre Familie in der nächsten Zeit durchbringen können, würden sie diese vermutlich ergreifen. Weil sie keine andere Möglichkeit haben. Sprich: i.d.R. Taschen oder deren Inhalt und/ oder sonstige Wertgegenstände klauen. 

Wir hatten nie das Gefühl, dass uns auf offener Straße plötzlich jemand aus dem Hinterhalt überfallen könnte, Kriminalität war kein Thema. Zeitgleich hielten wir uns aber auch an die Spielregeln, meist ohnehin selbsterklärend. Im folgenden dennoch ein kleiner Leitfaden:

Do´s zur Vermeidung von Kriminalität:

  • Die Taschen verschließen und eng am Körper tragen. Besonders gilt das in Schlangen oder dort, wo viel los ist.
  • Pässe und andere wichtige Dokumente an einem sicheren Ort lassen, bspw. dem Hotelsafe.
  • Euer Style sollte eher unauffällig und lässig sein. Low-key erregt einfach weniger Aufmerksamkeit. 
  • Seid konzentriert im Straßenverkehr und fahrt vorausschauend. 
  • Legt die Karte der Roadside-Anti-Corruption-Initiative vorne sichtbar ins Auto (diese kann man hier downloaden). Entfernt sie aber, wenn ihr aussteigt.
  • Habt im Falle von korrupten Polizisten die Nummer der Anti-Corruption-Hotline 082 451 7044 (siehe unten) parat.
  • Haltet die Fenster an Ampeln besser geschlossen.
  • Wenn ihr den Wagen verlasst, nehmt offensichtliche Wertgegenstände aus dem Auto mit. Wasserflaschen zählten für uns nicht dazu. Bei einem Mietwagen empfehlen wir übrigens unbedingt, auf einen ausreichenden Versicherungsschutz zu achten.
  • Steigt nachts auf Uber um.
  • Parkt wenn möglich auf bewachten Parkplätzen.
  • Tragt lediglich wenig Bargeld bei euch. 
  • Sagt dem aufdringlichen Bettler einfach freundlich, aber bestimmt „sorry no cash“.
  • Sichert eure Kamera mit einem Gurt, entweder um den Hals, oder um das Handgelenk.
  • Habt generell ein selbstbewusstes, offenes, fröhliches Auftreten. 
  • Scannt immer die Umgebung und seid achtsam.
Die Anti-Corruption-Hotline:

Sie wurde eingerichtet, damit Betrügermaschen gemeldet werden können und die Kriminalität dadurch sinkt. Das passiert meist auf offener Straße, wo Touristen aufgehalten und um Strafzahlungen (cash) gebeten werden. Lasst euch in so einem Fall den Namen und die Dienstnummer des „Polizisten“ geben. Nachdem er das vermutlich nicht kann, notiert euch zumindest das Nummernschild des Autos.

Don`ts:

  • Lasst eure Taschen nie unbeaufsichtigt. Wir Europäer hängen sie ja bspw. im Restaurant gerne einfach über den Stuhl. Das ist hier ein No-go.
  • Zeigt eure Wertgegenstände nie offen.
  • Spaziert nicht mit Handy in der Hand auf der Straße rum, hängt es euch auch nicht unbedingt mit einer Kette um den Hals.
  • Lasst den besonders auffälligen, sehr teuren Schmuck zu Hause.
  • Zieht nachts nicht sorglos zu Fuß durch die Straßen, ganz besonders niemals alleine. Fahrt am besten in den späteren Abendstunden auch nicht mit dem Auto und nutzt keine öffentlichen Verkehrsmittel.
  • Fahrt nicht nachts auf den Signal Hill. Die Aussicht ist zwar grandios, aber es kam hier schon oft zu Überfällen.
  • Ladet euer teures Equipment nicht offensichtlich in den Kofferraum um.
  • Lasst euch nicht auf ein längeres Gespräch mit einem Obdachlosen ein, auch wenn ihr ein ernsthaftes, aufrichtiges Interesse an den Menschen habt. Vor allem wenn sie euch ansprechen stecken dahinter manchmal Betrügermaschen.
  • Bezahlt absolut keine Strafen auf offener Straße, weil euch angebliche Polizisten wegen eines Regelverstoßes aufhalten (siehe oben).
  • Habt keine ängstliche Haltung, denn damit wärd ihr ein leichtes Opfer.
  • Geht nicht alleine Hiken, vor allem niemals abseits der Pfade.
  • Sollte es zu einem Überfall kommen: verhandelt nicht, streitet nicht, wehrt euch nicht körperlich. Stattdessen gebt ihnen bitte einfach, was sie haben wollen. I.d.R. sind die Täter bewaffnet.

Natürlich macht es einen Unterschied, ob man sich in Cape Town aufhält, in Johannesburg, Durban oder entlang der Garden Route. Am extremsten ist die Kriminalität selbstverständlich in größeren Städten.

Für uns Europäer ist es u.U. am Anfang etwas befremdlich, dass fast jedes Haus hoch eingezäunt ist und eine Alarmanlage hat. Auch Videoüberwachung, Stacheldrähte, Fenstergitter usw. sind alles andere als ungewöhnlich. Die Alarmanlagen sind übrigens gekoppelt und der Sicherheitsdienst steht tatsächlich innerhalb weniger Minuten vor der Tür, sollte der Alarm angehen. Hat man sich an diesen Anblick gewöhnt switcht man schnell um und fühlt sich dadurch einfach wesentlich sicherer.

Was dann aber evtl. für Unwohlsein sorgt, ist das sog. Load Shedding. Wegen massiver Energieengpässe wird – zumindest für uns ohne Vorankündigung – teilweise über mehrere Stunden der komplette Strom abgestellt. Manchmal nachts, manchmal am Morgen, manchmal tagsüber, manchmal in den Abendstunden. Manche Haushalte haben sich gerüstet: mit Generatoren, Back-Up-Batterien, Powerbanks oder Solar auf dem Dach. Dann funktioniert die Alarmanlage i.d.R. auch noch. Das ist aber in den wenigsten Haushalten der Fall.

Fazit:

Beachtet die Regeln und ihr bekommt mit großer Wahrscheinlichkeit nichts von Südafrikas Kriminalität mit. Mit ein bisschen Gespür werdet ihr ohnehin schnell erkennen, wer wirklich freundlich, zugewandt und aufrichtig ist (nämlich der große Teil). Wenn ihr den Leuten in die Augen blickt, dann spürt ihr einfach, ob sie ehrlich sind oder nicht. Damit fuhren wir die ganze Zeit gut und hatten eigentlich nie ein blödes Gefühl. Nichts desto trotz ist natürlich die Frage, ob man im Urlaub Lust hat, ständig so die Augen offen zu halten. Es ist ein wunderschönes, vielseitiges Land mit tollen, entspannten Leuten. Aber man muss einfach wissen, dass Achtsamkeit hier besonders gefragt ist und diese Tatsache evtl. etwas Unbeschwertheit nehmen kann.

Alles Liebe,

Julia und Jan


Zu den Eingangsfragen 😉 :

Kann man einfach unbeschwert zum Strand laufen? – ja.

Müssen wir wirklich sogar Wasserflaschen aus dem Auto mitnehmen? – eher nicht.

Ist es echt nötig, an den Ampeln Abstand zum Vordermann einzuhalten wegen Fake-Auffahrunfällen? – hier und da sicher eine Maßnahme.

Muss unser Schmuck zu Hause bleiben? – der richtig teure besser ja.

Wie sieht es entlang der Garden Route aus? – ziemlich entspannt.

Können wir ausschließen, dass wir erschossen werden? – wo kann man das zu 100% ^^ – außerhalb der Townships wirklich sehr, sehr unwahrscheinlich.