Ich weiß noch genau, wann es war. Wir verbrachten wegen der Dreharbeiten zur KiG Piemont eine längere Zeit am Lago Maggiore und nachts um 4 traf es mich wie ein Donnerschlag: da. sind. bald. zwei.

Bis zu dem Tag hatte ich es auf eine seltsame Art verdrängt. Dachte das läuft schon irgendwie. Klar war mir bewusst, dass wir bald wieder ein Baby zu Hause haben. Aber der Gedanke war abstrakt und ich schob ihn beiseite. Das klappte über 20 Wochen hervorragend, aber in dieser Nacht war es vorbei.

Plötzlich bekam ich eine riesen Panik: wie mache ich das mit zwei Kindern? Was gibt es zum Frühstück, wann gibt es überhaupt Frühstück? Wann stille ich die Kleine, was mache ich in der Zeit mit Niki? Wann gehe ich einkaufen, wie um alles in der Welt geht man mit zwei Kindern einkaufen? Was mache ich, wenn mein Baby genau dann gestillt werden will und der Große wegrennt (macht er voll gerne)? Wenn beide zur gleichen Zeit schreien? Was koche ich? Wann koche ich? Wie oft koche ich? Wo sind die Kinder währenddessen? Wie bringe ich beide Kinder alleine ins Bett? Wann dusche ich? Wie bereiten wir Niki auf seine Schwester vor? (…) TBC

Wir wussten ja auch nicht, wann Jan wie lange wo arbeiten wird. Also musste ich mich theoretisch darauf einstellen, dass ich all diese Dinge alleine hinbekommen muss. Wenn er da ist, ist er hands on, klar. Aber das weiß man in dem Job eben nie so genau.

Ich fand mich allerdings selbst nicht so produktiv, um inzwischen 5 Uhr morgens. Darum beschloss ich in dieser Nacht, mir einen Plan zurecht zu legen. Mich einzulesen und den Gedanken an unseren Familienzuwachs nicht mehr zu verdrängen.

You got this girl.

Heute ist Emmy tatsächlich schon 3 Monate alt und Alles hat sich toll eingespielt. Viele Fragen stellte ich mir umsonst, bei einigen war es ziemlich gut, dass ich mir darüber Gedanken machte. Wahrscheinlich kamen auch Situationen auf, die ich gar nicht erst auf dem Radar hatte. Auf jeden Fall scheint das Thema für viele Mamas und Papas sehr interessant zu sein. Denn die Frage danach, wie wir das mit zwei Kindern wuppen und wie wir es schaffen, dass Niki nicht eifersüchtig ist, die wird uns immer wieder gestellt.

Darum habe ich beschlossen, eine kleine Reihe zu Fragen rund ums zweite Kind zu starten. Ich weiß noch nicht genau, wie ich sie aufbaue, aber heute beginne ich mit ….

Tips, wie man die oder den Große(n) gut aufs zweite (oder jedes weitere) Baby vorbereiten kann.

zur Info für die neuen Leser: Nikolas wurde 2 Tage nach Emmys Geburt 3 Jahre alt.

kleine Schwester großer Bruder Geschwister Vorbereitung

// Bandbreite an Gefühlen – was (ver)ändert sich, wenn meine Schwester kommt ? //

Wir sprachen viel mit Niki darüber, wie sehr wir uns alle freuen, wenn seine Schwester bei uns ist. Aber auch realistischer Weise darüber, wie die erste Zeit mit einem Baby sein wird. Dass ich seine Schwester z.B. unmittelbar stille, wenn sie Hunger hat. Dass es sein kann, dass sie am Anfang viel schreit und wir uns immer gleich um sie kümmern, weil sie auf unsere Hilfe angewiesen ist. Und das auch, wenn wir eigentlich gerade ein Puzzle zusammen machen. Dass sie sicher auch mal nachts weint und dass auch wir (Mama & Papa) es manchmal anstrengend finden und müde sein werden. All diese Gefühle sind ok.

// Realistische Erwartungshaltung //

Eine Sache die uns heute noch besonders wichtig ist, ist dass wir so wenig wie möglich eingreifen, wenn Niki mit seiner Schwester in Kontakt tritt. Motorisch ist ein 3-jähriger aber noch nicht dazu in der Lage, so feinfühlig mit einem Neugeborenen umzugehen, wie es nötig wäre. Darum thematisierten wir auch, was ein Baby am Anfang braucht, was es kann und was es noch nicht kann. Also im Prinzip, dass es erstmal im besten Fall nur schläft, trinkt und die Windel vollmacht. 😉 Wir wollten eine Enttäuschung vermeiden, weil Niki merkt, dass er mit der Kleinen doch noch nicht so viel anfangen kann.

// Die Liebe reicht für alle //

Dass wir ihn noch ganz genau so lieben werden, wie vor Emmys Geburt, das versicherten wir Nikolas unzählige Male (und sagen es ihm noch heute). Auch, wenn ein kleines Baby da ist, das uns in der ersten Zeit sehr vereinnahmen wird. Wir haben so viel Liebe, dass sie immer für alle ausreichen wird, das soll er nie vergessen.

// Der große Helfer //

Es gibt ja viele Dinge, bei denen der große Bruder oder die große Schwester später helfen kann und auch darüber sprachen wir vorab oft mit ihm. Windeln holen, Feuchttücher bereithalten, frische Kleider raussuchen, Haare kämmen, baden, Spieluhr aufziehen und und und. Und zwar auf eine Art, die ihn stolz machte – so dass er sich freuen konnte auf seine neue Aufgabe. Hin und wieder übte er das mit seiner Puppe. Wir sagten ihm aber übrigens genauso, dass es in Ordnung ist, wenn er nicht helfen mag. Es soll ja eine schöne, freiwillige Sache für ihn sein und bleiben.

// Quality time mit eurem Kind verbringen //

Damit meine ich bewusst Zeit, einige Stunden. Bald werdet ihr sie euch erst Mal nicht mehr nehmen können, weil ihr das Baby die meiste Zeit bei euch habt. Ich gebe an der Stelle zu, dass ich in den letzten Wochen vor der Geburt wirklich ein paar sehr harte Momente hatte, als mir bewusst wurde, dass meine Zeit nur mit Niki vorbei ist. Selbst wenn ich auch in Zukunft immer Stunden/ Tage ausschließlich ihm widmen möchte, er hat nunmal bald eine kleine Schwester. Ich ließ alle einzigartigen Momente der letzten drei Jahre Revue passieren und dabei flossen unzählige Tränen. Gut möglich, dass ich ein klitzekleines bisschen zu sentimental war, ^^ aber wir hatten wirklich ganz besondere Lebensabschnitte, die uns unheimlich eng zusammenschweißten. Und obwohl ich mich auf das Abenteuer zu viert wahnsinnig freute, ich war auch traurig, dass ich ein anderes Kapitel zuklappte.

// Fotos „von früher“ ansehen //

Wann immer wir Möbel oder ähnliches rauskramten und für Emmy aufbauten, suchten wir Fotos von Niki in genau diesem Möbelstück und zeigten sie ihm. Also z.B. dass auch er damals in dem Kindersitz saß, … Laufstall oder Beistellbett schlief, … Kinderwagen lag usw. Das schaffte direkt eine Verbindung zwischen den beiden und tat dem Verständnis für die neue Situation sehr gut.

// Bücher lesen //

Zum Thema „ein Geschwisterchen kommt“ gibt es unzählige Bücher. Uns war es wichtig solche auszusuchen, in denen Trauer oder Frust des älteren Kindes zwar behandelt werden, die das aber dennoch nicht zum Hauptthema machen. Letztlich waren wir überrascht, in wie vielen seitenweise hängende Mundwinkel und enttäuschte Mienen zu sehen waren. Wir entschieden uns u.a. für dieses Buch und lesen das heute auch noch ganz gerne.

// Papazeit intensivieren //

Eben weil das Baby am Anfang sehr stark auf mich angewiesen ist, wollten wir unbedingt Rituale zwischen Niki und Papa festigen oder sogar überhaupt erst einführen. Nachdem wir bei den Dreharbeiten im Ausland Monate alleine unterwegs sind, sind wir für Nikolas die größte Konstante. Alles um uns rum verändert sich schnell, das macht die Verbindung zwischen ihm und uns sehr speziell. Gerade in den letzten Monaten vor der Geburt gab es Momente, in denen Niki seinen Papa plötzlich nicht mehr akzeptierte. Und das, obwohl es vorher nie ein Problem war (vor allem nachts). Mich beunruhigte das ein bisschen, weil ich Bedenken hatte, wie das werden wird, wenn seine Schwester dann da ist. Umso wichtiger war es uns, dass Jan und Niki noch mehr zusammen schweißen. Heute sind die beiden übrigens noch enger als je zuvor.

// Alte Spielsachen für die kleine Schwester raussuchen //

Wir öffneten Kartons uns suchten Spielsachen für Emmy raus, mit denen Niki früher auch schon spielte. Ihm machte das total viel Spaß und er fühlte sich ernst genommen, weil er bestimmen konnte, was toll für seine kleine Schwester sein wird.

// Vorsichtig sein mit großen Veränderungen //

Den Tip hab ich aus dem Buch „Das glücklichste Kleinkind der Welt“ von Harvey Karp (dieses). Er empfiehlt, im Zeitraum ein viertel Jahr vor- und halbes Jahr nach der Geburt des Geschwisterchens nicht weitere einschneidende Veränderungen vorzunehmen, die das größere Kind stark verunsichern können. So bspw. Eingewöhnung im Kindergarten, windelfrei werden, Schnuller abgeben, im eigenen Bett schlafen usw. Was diesen Punkt betrifft, würde ich im Nachhinein ein bisschen was anders machen. September (in unserem Fall gut 4 Wochen vor ET der Kleinen) ist bei uns Kindergartenstart. Wer Nikolas kennt der wusste, dass die Eingewöhnung ein längerer, tränenreicher Prozess für uns alle sein wird. Er wurde dort das erste Mal fremdbetreut, denn er war vorher nicht in einer Kita. Im besten Fall sollten die Kinder bei uns beim Start in den Kiga trocken sein. Situation Ende August: ein bald-Kindergartenkind, das noch Windeln trägt, seinen Schnuller nicht abgegeben hat und fast immer bei uns im Bett schläft. Den Kiga- Start konnten und wollten wir nicht verschieben, weil Niki im Grunde genommen mehr als reif für den Kindergarten war. Er konnte sich lediglich sehr schwer trennen. Ersparen wollten wir ihm den Druck von Außen, was die Windeln betrifft. Daher beschlossen wir, ihn einige Zeit nach unserem letzten langen Aufenthalt 2018 in Schweden zu Hause ganz entspannt und ohne viel Druck windelfrei zu bekommen. Obwohl alles gut klappte (und das auch bis heute), hätten wir einige Sachen sicher früher abgewöhnen sollen. Im Moment wollen wir ihm einfach nicht noch mehr Veränderungen zumuten, sind aber nicht ganz happy mit einigen noch bestehenden Gewohnheiten wie z.B. dem Schnuller.

// Sprechen über das KH und die Geburt //

In den letzten Wochen vor der Geburt machte ich mir viele Gedanken darüber, wie die Situation konkret ablaufen soll, wenn die Wehen einsetzen. Eine offene Kommunikation mit Nikolas war uns total wichtig.

Wäre es vormittags passiert, hätten Oma oder Opa Niki vom Kiga abgeholt und wir hätten ihm natürlich nicht selbst Bescheid sagen können. Nachmittags hätte er sowieso mitbekommen, was los ist. Aber was, wenn die Wehen nachts beginnen? Nach meinen Recherchen gab die Mehrheit der Mamas an, dass sie einfach ins KH gefahren sind, ohne das Kind zu wecken oder es aufzuklären. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber das fühlte sich für mich nicht richtig an. Dass Emmys Geburt ein großer Einschnitt für uns alle sein wird, das war mir klar, deswegen wollte ich nicht, dass er aufwacht und Oma ihm sagt, dass seine kleine Schwester kommt. Gleichzeitig sah ich auch die Gefahr, dass er extrem traurig ist, heftig weint und sich ausgeschlossen fühlt, wenn er zu Hause bleiben muss. Obwohl er sich in solchen Momenten ziemlich reinsteigern kann, wollten wir das Risiko eingehen. Jan und ich sprachen mit Niki vorab öfter darüber, dass niemand genau weiß, wann die Geburt losgeht. Und dass es eben sein kann, dass wir, Mama und Papa ganz schnell ins Krankenhaus fahren müssen – ohne ihn.

Tatsächlich war es so, dass ich um 21.45 Uhr ohne Vorwarnung ein komisches Gefühl hatte und meine Nachbarin (und Hebamme) anrief, die 10 Minuten später bei uns war. Zu diesem Zeitpunkt war der Muttermund bereits 5 cm offen und die Wehen kamen plötzlich ganz heftig. Wir hatten es ultra eilig, meine Mama war weitere 10 Minuten später da. In der Zwischenzeit gingen wir zu Niki, gaben ihm einen Kuss und flüsterten ihm ins Ohr, dass wir jetzt ins Krankenhaus fahren. Um kurz nach 23 Uhr war die Kleine auf der Welt, es vergingen keine 1 1/2 Stunden zwischen der ersten Wehe und der Geburt. Bei Niki hatten wir damals ein Familienzimmer, aber dieses Mal wollten wir, dass Jan zu Niki nach Hause fährt. Nach der Geburt war ich müde und geschafft und wollte schlafen, deswegen war Jan schon um 2 Uhr nachts wieder bei unserem Großen.

Ich möchte damit nicht sagen, dass das der einzige richtige Weg ist, nur dass er es für uns war. Das hängt sicher sehr stark vom Temperament und Alter eures Kinds ab. Die Geburt des zweiten Kindes war für uns so einschneidend, dass wir mit Niki so behut- und achtsam wie möglich umgehen wollten.

// Die kleine Schwester bringt was mit //

Schon Monate vor der Geburt fragten wir Niki immer wieder, was er sich von seiner Schwester wünscht, wenn sie zu uns kommt. Es war ein Kran (oh surprise), den wir ihm natürlich auch kauften und der schon einige Wochen formschön verpackt auf seinen Einsatz wartete. Als er Emmy das erste Mal mit Papa im Krankenhaus besuchte, stand der Bagger, den seine Schwester ihm mitgebracht hat schon für ihn bereit. Das Eis war gebrochen.


// Reality Check – wie war’s für Niki ? //

Niki kam gemeinsam mit Papa ein paar Stunden nach der Geburt ins Krankenhaus. Ich hatte Emmy nicht im Arm, sondern legte sie ganz bewusst in ihr Bett, als die beiden uns das erste Mal besuchten. Ich wollte beide Hände frei haben für Niki (der sich allerdings in dem Moment nicht für mich, sondern nur noch für seine kleine Schwester interessierte). Er war völlig euphorisch und aufgeregt. Er stürmte ins Zimmer, rief „ist das Baby da?“ und wollte sie sofort auf den Arm nehmen und streicheln. Wir machten damals ein Video von dem Moment, als Nikolas Emmy zum ersten Mal im Arm hielt und es is SO berührend. Er war von Anfang an völlig hin- und weg. Wir hatten bislang – toi, toi, toi – wirklich noch keine einzige Situation, in der Niki ungehalten, aggressiv oder wütend reagiert hat. Es ist wahrscheinlich eine Mischung zwischen Alter, Charakter, Vorbereitung und Umgang im Alltag. Aber wir sind echt stolz auf ihn, denn er macht das großartig.

Ich denke das reicht für heute, aber ich setze mich bald an den nächsten Post. 🙂

Alles Liebe, Julia

Beiträge, die euch auch interessieren könnten: